Virtual Klezmer

David Krakauer
A New Hot One

(Besprechung: Gus)

David Krakauer – A New Hot One
Label Bleu LBLC 6617 HM 83

Nachdem David Krakauer sich von der Gruppe the Klezmatics getrennt hatte, veröffentlichte er neben diversen andern Aufnahmen 2 Solo-Alben beim New Yorker Plattenlabel Tzadik (John Zorn’s Radical jewish music Reihe). Nun eine Veröffentlichung beim französischen „Label bleu“. Warum er sich entschieden hat, das Plattenlabel zu wechseln, weiß ich nicht. Die Aufnahmen wurden im Februar 2000 im Avatar Studion New York aufgenommen und im Juni abgemischt.

Die Besetzung:
David Krakauer (Klarinette)
Mark Stewart (elektrische Gitarre)
Ted Reichman (Accordeon)
Pablo Aslan (Bass)
Nick Parrott (Bass auf 1 und 2)
Kevin Norton (Schlagzeug)

Kontakt:
Bernstein Artists, Inc.;
Brooklyn, New York (USA)
Tel.: 718 623 1214
Email: Bernsarts@aol.com

 

 

 

Lieder:

  1. Klezdrix (6.36)
  2. Klezmer à la Bechet (2.56)
  3. A New Hot One (8.03)
  4. Krakow Doina (2.19)
  5. The Russian Shers (4.21)
  6. Love Song from Lemberg/ Lvov (7.36)
  7. Nine, Nine, Ninety-Nine (5.14)
  8. lower case e (6.02)
  9. Sirba (2.01)
  10. A Simcha Gone Mad Medley (10.08)
    a. The Miserlou
    b. Mayim
    c. Harmonica
    d. Wedding Dance
 

Kommentar zu einzelnen Stücken:

Klezdrix ist eine Variation des Stückes Glatter Bulgar und eine Neuinterpretation eines Stückes Africa Bulgar (Klezmer Madness). Es ist ein äußerst anstrengendes Stück. Für jemanden, des sich nicht schon ein wenig mit radical Klezmer auseinandergesetzt hat nahezu unhörbar. Es beginnt gemäßigt und dreht zum Ende stark ab. Zweifelhaft.

Mit dem Stück Klezmer à la Bechet möchte Krakauer dem großen Sidney Bechet wieder mal ein Denkmal setzen (wie schon auf Klezmer, NY). Oder wie Susan Bauer in ihrem Buch schrieb „David Krakauer macht in seiner Komposition ein virtuoses Treffen der beiden Klarinettisten Naftule Brandwein und Sidney Bechet im Manhattan der 20er Jahre hörbar“. Die vorliegende Version klingt voller (auch gehaltvoller), erwachsener als die Version aus der CD „Klezmer, NY“, ist weniger Rhythmusbetont, komplexer und auch – schwieriger zu hören.

In A New Hot One hält sich David nur schwer in Schranken (wie ein gefangener Tiger). Es ist eine, wie er selber schreibt, umgedrehte Version des Klassikers a Heyser Bulgar. Besonders hervorzuheben ist das ausgezeichnete Schlagzeugsolo von Kevin Norton. Ein ganz virtuoses Stück!

David trällert auch in der Eigenkomposition Krakow Doina was das Zeug hält. Auch dieses Stück kein Ruhepunkt nach den vorhergehenden Anstrengungen.

Nahtlos schließt sich das Tanzstück The Russian Shers an. Quasi erinnert sich Krakauer an die Zeit, als er noch mit den Klezmatics unterwegs war  (siehe deren erste CD Shvaygn = Toyt ).

Love Song from Lemberg/ Lvov beginnt mit einem ruhigen, sehr schönen Accordeon –part. Eine Homage an die Geburtsstadt von Krakauers Großvater; auch hier kann er es nicht bei der schönen Melodie belassen. Selbst diese Harmonie schlägt Blasen. Meiner Ansicht nach einer der Höhepunkte der CD.

Nine, Nine, Ninety-Nine Khosid und Bulgar-Variationen. Melodieinstrumente: Klarinette, Accordeon und gelegentlich el. Gitarre. In dieses Stück muß man sich reinhören.

lower case e ist eine schnelle romantische Ballade, eine Reinterepretation einer alten rumänischen Melodie.

 

Sirba schneller Tanz.

A Simcha Gone Mad Medley  - Miserlou mauserte sich in der letzten Zeit zu einem der beliebtesten und oft gespielten Stücke aus dem jüdischen Repertoire. Die vorliegende Version hat nur noch wenig mit dem zu tun, was man etwa von Dick Dale and the Daletones kennt. Die Gitarre wurde zugunsten der Klarinette stark in den Hintergrund gestellt. Eines der besten Stücke der CD.

Fazit:
Wie bereits die vorhergehenden Aufnahmen Krakauers fällt einem auch diese CD nicht in den Schoß. Die muß man sich schwer erarbeiten. Es ist anstrengede, sehr virtuos interpretierte und gespielte radikale neue Klezmer-Musik – wenn auch mit unverkennbaren Wurzeln. Daß Krakauer ein begnadeter Klarinetten-Spieler ist und für diese CD weitere sehr gute Musiker um sich geschart hat, macht die CD zu einem leuchenden Mosaikstein modernen Klezmers. Potentielle Hören seien aber gewarnt: Keine leichte Kost sondern hohe Kunst (mit allen Vor- und Nachteilen).

Die Liner-notes enthalten kurze Erläuterungen zu den Stücken in Französisch und Englisch. Über das Design kann man sich streiten (siehe Cover).

Bewertung:
 Interpretation
 Virtuosität
 Spielfreude
 Aufmachung

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