Virtual Klezmer

Huljet!
Meschugge

(Besprechung: Gus)

Huljet! - Meschugge - that new kind of Klezmer
TUG-records 109

Nach dem Wegzug von Georg Brinkmann
(und auch Paul Brauns Ausscheiden) war es eigentlich zu erwarten, daß sich die Gruppe musikalisch neu orientiert.
Mit Georg ist auch der traditioneller orientierte Teil der Gruppe gegangen.

2 neue Mitglieder hat die Gruppe gewonnen:
Tobias Kalisch und Robert Hofmann.

 

Ein erstes Ergebnis dieses Neuerungsprozesses liegt also nun vor: Meschugge.

Die Besetzung:
Bettina Ostermeier - Klarinetten, Akkordeon, Gesang
Martin Zels - Mariba, Glockenspiel, Gesang, Conference
Robert Hofmann - Gitarren, Oud, Percussion
Tobias Kalisch - Kontrabass, E-Bass
Sandor Toth - Schlagzeug, Gesang

 

Lieder:

  1. Radio Mazor (4.20)
  2. In Jerusalem (6.13)
  3. Nachtbus (4.43)
  4. Seraphim (6.52)
  5. Provo Horo (6.36)
  6. Elindultam (5.22)
  7. Dancing at the wailing wall (4.57)
  8. A vikhtikes geseis (1.55)
  9. Meschugge (6.23)
  10. Bay mir bistu sheyn (2.06)

Den ersten "MACH DAS SOFORT AUS!"-Test mit meiner Frau hat die CD auf Anhieb bestanden.
Ich durfte sie sogar bis zum Ende durchspielen, was bei dem Lärm 3er Kinder durchaus nicht selbstverständlich ist. Soweit so gut.
Was ich damit sagen will ist, daß man die CD auch dann hören kann, wenn man sich nicht mit Kopfhörer auf dem Sofa konzentriert.
Oder: Es ist eine kommerzielle CD mit kommerzieller Musik, die sich ein wenig an osteuropäischen und verschiedenen anderen Traditionen orientiert. Klezmer ist es nicht, will es auch gar nicht sein. Die Gruppe bedient sich aus einem Baukasten bunter Traditionen und setzt daraus ihr Werk zusammen.
"Weltmusik" also.
Ja. Eine Art Klezmer Musik mit Anleihen aus dem arabischen (oud á la Rabih Abu Khalil in Nachtbus), Kodo-Klänge (in Provo Horo), eine rockige Gitarre und jazzige Klänge. Unter anderem.

Nun könnte man versucht sein zu sagen: ALLES MIST! - Klappe zu, Ofen aus.
Einfach wäre das.

Doch das würde dem Werk nicht gerecht werden. Ob eine Musik kommerziell ist oder "Kunst", ist ein Punkt über den man diskutieren kann, der jedoch wenig über Qualität aussagt und hier auch völlig deplaziert erscheint.
Ich gehe einmal davon aus, daß sich die Gruppe bewußt entschieden hat, eine Musik zu spielen, die ein breiteres Publikum anspricht, dass es sich herzlich wenig um Traditionen schert.
Das ist völlig legitim!

Martin Zels hat einen Großteil der Stücke selbst verfasst.
So unterschiedlich die einzelnen Stücke sind (auch qualitativ), eine einheitliche Linie, eine gemeinsame Stimmung, ein Wiedererkennen, einen Stempel weisen sie auf. Die 10 Stücke gehören zusammen. Ein roter Faden verbindet sie.
Es sind schöne Melodien zu einem Werk zusammengefasst, das sich wirklich sehen lassen kann.
Und: Die Stücke verbreiten eine leicht melancholische Stimmung, eine Traurigkeit, die einen dann eben doch wieder an Klezmer erinnert.

Besonders gut hat mir A vikhtikes geseis (natürlich!) gefallen, weniger In Jerusalem.
Aber das sind persönliche Präverenzen.

 

Fazit:
Es ist eine gute CD. Das Beste bis dato von Huljet!
Ich kann nur sagen: Respekt!

Eines kann ich mir nicht verkneifen: Nachdem sich Martin doch so sehr von uns inspirieren hat lassen, daß er uns sowohl in den Credits erwähnt, als auch ein Stück gewidmet hat (A vikhtikes geseis) nehme ich mir einfach die Freiheit die ich Dank meiner "Wichtigkeit" habe (hust) und gebe ihm einen jovialen Tip:
Vielleicht sollte sich die Gruppe zu demselben Schritt wie ehemals "Kol Simcha" entscheiden und Ihren Namen ändern. Denn es hat soviel mit jüdischer Kultur zu tun wie z.Bsp. mit arabischer.
Es ist irgendwo zwischen allem. Vielleicht ist da eine Namensbindung an Klezmer eher hinderlich?
;-)

Bewertung:
Interpretation
Virtuosität
Spielfreude
Aufmachung

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