Re: CD Besprechungen auf Klezmer.de


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Abgeschickt von Günther am 06 Mai, 2002 um 14:19:14

Antwort auf: CD Besprechungen auf Klezmer.de von Noch ein Leser am 29 April, 2002 um 16:03:31:

Lieber "Noch ein Leser"!

Wenn jemand etwas konsumiert, daß gratis ist und es regelmäßig tut, dann gehe ich davon aus, daß es ihm gefällt. Vielleicht schlägt da der BWLer in mir durch, aber bestimmt nicht der Markt, was ankommt und was nicht? Da die Seite gute Zugriffszahlen hat, ist wohl eine enstsprechende Nachfrage vorhanden. Wenn einem selber die CD-Besprechungen nicht gefallen, muß man sie ja nicht lesen. Man kann auch Verbesserungsvorschläge machen, aber jemanden zu raten, es entweder besser oder gar nicht zu machen, finde ich nicht in Ordnung. Vor allem nicht, wenn man die Besprechungen regelmäßig liest.

Zum Vorwurf der Wichtigtuerei (weil ich Feidmann kritisiert habe) möchte ich folgendes klarstellen: egal ob einem die Musik Feidmanns gefällt oder nicht (mir gefällt sie übrigens nicht), ist es eine Tatsache, daß die Musik, die er spielt keine Klezmer-Musik ist. Das mag für viele überraschend sein, aber es ist so. Sein Repertoire besteht zum Großteil aus jüdischen Liedern, eigenen Kompositionen oder Kompositionen von anderen, Stücken aus Israel und klassischen Stücken. Was aber ist Klezmer-Musik? Klezmer-Musik bezeichnet jene Instrumentalstücke, die jüdische Musiker in Osteuropa hauptsächlich bei jüdischen Hochzeiten und anderen Festen spielten. Klezmorim spielten aber auch für die nicht-jüdische Bevölkerung in Osteuropa, z.B. ukrainische, russische und polnische Tänze bzw. auch einige ausgewählte klassische Stücke. Feidmann hat zwar auch einige dieser Stücke in seinem Repertoire, der Großteil besteht aber aus anderen Sachen (siehe oben).

Klezmer-Musik umfaßt also einerseits ein ganz bestimmtes Repertoire an Stücken, andererseits auch eine ganz gewisse Spielweise. Es genügt nicht, die Melodien irgendwie nachzuspielen, auch die Art und Weise, wie man die Melodie verziert (z.B. Triller, Glissandi, Krechtser), welche Begleitrhytmen und welche Instrumente man verwendet ist beim Spielen von Klezmer-Musik wichtig. Feidman Klarinettenstil ist sicher einzigartig, nur ist es kein typischer Klezmer-Stil. Da nützt es auch nichts, wenn er sich selbst als King of Klezmer bezeichnet, das was er macht, hat mit Klezmer-Musik nur sehr wenig zu tun. In der Klezmer-Szene ist er nicht anerkannt. Mit Klezmer-Szene meine ich vor allem jene Musikethnologen, die sich mit dieser Musik intensiv befassen und sie erforschen. Dadurch, daß Feidmann in Deutschland viele Anhänger hat, und diese nur seine Version von Klezmer-Musik kennen, haben viele ein falsches Bild davon, was Klezmer-Musik eigentlich ist.

Wenn man sich jüdischer Melodien bedient und diese frei interpretiert, dann ist das ja in Ordnung, nur sollte man es nicht Klezmer-Musik nennen. Man könnte es ja "Bearbeitung von jüdischen Melodien" nennen. Vielleicht ist ein Vergleich ganz hilfreich: wenn ich ein Konzert ankündige mit dem Titel "Die größten Hits der Beatles" und dann beim Konzert fast nur Nummern der Rolling Stones und vielleicht ein oder zwei Beatles-Nummern spiele, werden sich die Konzertbesucher wahrscheinlich getäuscht vorkommen. Es sei denn, sie kennen die Musik der Beatles gar nicht und halten die Rolling-Stones-Nummern für Beatles-Stücke. Anderes Beispiel: wenn ich Mozart-Stücke in einer Rockversion mit E-Gitarre und Synthesizer spiele, werde ich das Konzert sicher nicht als Kammermusikabend mit Mozart-Repertoire ankündigen sondern als Rockkonzert mit Bearbeitungen von Mozart-Stücken.

Ich hoffe, ich konnte meinen Standpunkt klarmachen.

Günther

P.S. vielleicht könnte man den nächsten Eintrag nicht mit "ein Leser" oder "noch ein Leser" unterzeichnen, sondern seinen Namen nennen.



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